Die Geschichte Zernikows, ein Ort und seine Gutsanlage.

Von 1365 - 1729

Der Ort und die Gutsanlage Zernikow haben eine wechselvolle Geschichte aufzuweisen. Um 1365 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung (Beteke Schernekow im Stadtregister von Neuruppin als Träger des Bürgerrechts erwähnt). Zu Michaelis 1524 erhielten die Zernikower vom Kurfürsten Joachim I. die Lehnsbestätigung über „dat Dorf Zerniko…, dartho Kercklehn, Strattengericht…“. Ende 1600 waren die Güter Blumenow, Kantow und Zernikow im Besitz von Joachim und Hans von Zernikow. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erreichte die Familie von Zernikow die größte Machtfülle (Ritterhufen, Kirchlehn, Wassermühle im Ort, Lehnschulze in Kantow und Schönermark). Im 30-jährigen Krieg brannte Zernikow bis auf den Rittersitz und die Mühle nieder. 1644 erteilte der große Kurfürst Friedrich Wilhelm Joachim und Hans von Zernikow die Lehnbestätigung. Hans Heinrich von Zernikow (1625 – 1665) war der letzte seines Standes. Das Gut war überschuldet, langwierige Prozesse folgten. 1661 wurde ein Caspar König Hauptbesitzer des Gutes. Um 1700 übertrug der damalige Kurfürst Friedrich III. die Lehnsgerechtigkeit an das Waisenhaus zu Lindow, um einem erneuten Konkurs vorzubeugen. Bereits ein Jahr später beglich Leutnant Hans Ehrentreich von Schöning alle Schulden und übernahm das Gut. Für Zernikow brach nun eine bessere Zeit an. Um 1709 stiftete von Schöning der Kirche eine neue Glocke sowie silberne und vergoldete Altargefäße. Im Juni 1729 starb von Schöning und wurde in der Gruft unter der Kirche beigesetzt. Da die Ehe der von Schönings kinderlos blieb, setzte die Witwe ihre Schwester, Johanna Hedwig von Arnim, zur Universalerbin ein. Frau von Schöning starb nur 5 Monate nach ihrem Mann.

Von 1730 – 1810

Im Jahr 1731 kaufte der Leutnant Claude Benjamin le Chenevix de Beville die komplette Gutsanlage. Seine Königliche Hoheit Kronprinz Friedrich erwarb das Gut 1737 und verpachtete das Anwesen an 6 Bürger der Umgebung. Da diese Bürger nicht in der Lage waren, alle Bedingungen der Pachtverträge zu erfüllen, kündigte er jedoch diese bereits im Jahre 1740. Im Schicksalsjahr 1740 gab es einschneidende Ereignisse. Nach dem Tod seines Vaters wurde Kronprinz Friedrich König von Preußen (Friedrich II.). Eine seiner ersten Amtshandlungen als König war die Schenkung des Gutes Zernikow an Michael Gabriel Fredersdorff in Anerkennung seiner treuen Dienste. Ferner ernannte Friedrich II. ihn zum geheimen Kämmerer und Tresorior (Schatzmeister). Fredersdorff erwies sich dieser hohen Ehrung würdig. 1741 errichtete Fredersdorff eine Probeziegelei. 1746 begann der Bau des Herrenhauses (ein rechteckiger, zweigeschossiger, barocker Putzbau mit Mansarddach und 7/3 Achsen. Im Jahr 1747 entstanden eine Maulbeerbaumplantage mit 8000 Bäumen in der Nähe der Wassermühle und ein Seidenhaus. Ab 1750 fanden umfangreiche Meliorationsmaßnahmen statt. Ferner erweiterte Fredersdorff durch Zukäufe die Ländereien. Ein Jahr später ließ er verschiedene Alleen aus Buchen, Pappeln, Eichen, Nussbäumen anlegen. Die bekannteste Allee ist die der Maulbeerbäume, gelegen zwischen Dorf und Wassermühle Zernikow. Ca. 70 Bäume sind noch heute zu betrachten, diese Allee ist denkmalgeschützt. Die Gutsanlage wurde weiter komplettiert durch einen Fasanengarten und einen Karpfenteich. Bekannt über die Grenzen Zernikows hinaus, wurde das in eigenen Brauereien hergestellte Fredersdorffsche Bier. Leider konnte Nichts (insbesondere die Rezepturen) bis in die Gegenwart gerettet werden.

Michael Gabriel Fredersdorff heiratete 1753 die vermögende Bankierstochter Caroline Marie Elisabeth Daum. Die Ehe blieb kinderlos und währte nur 5 Jahre. Sein Tod im Jahr 1758 rührte selbst Friedrich II. König von Preußen. Fontane schrieb später über Fredersdorff: „Er fand eine vernachlässigte Sandscholle und hinterließ ein wohlkultiviertes Gut“. Seine Witwe führte das Gut in seinem Sinne weiter. 1760 heiratete sie Hans von Labes, der dem Gut weitere positive Impulse gab. Z.B. wurde der Fasanengarten zum Tiergarten mit Fischteichen, Wassergräben und Pavillons umgewandelt. Ferner entstand ein englischer Garten. Aus dieser Ehe gingen 2 Kinder hervor: 1761 Tochter Amalie Karoline von Labes (Mutter des Dichters Achim von Arnim) und 1763 Sohn Hans von Labes. Die Ehe des Hans von Labes endete 1776 mit dessen Tod. In Gedenken an ihre beiden verstorbenen Ehemänner ließ Frau von Labes, verwitwete Fredersdorff, 1777 das so genannte Fredersdorffsche Erbbegräbnis errichten. Ferner setzte sie sich für den Umbau der Kirche ein und wandelte das Seidenraupenhaus in ein Hospital für alte und arbeitsunfähige Arbeiter der Gutsanlage um. Sie verstarb 1810 im Alter von 80 Jahren und fand im Erbbegräbnis ihre letzte Ruhe.

Von 1810 – 1945

Durch Erbfolge kamen 1777 die Nachkommen von Amalie Karoline von Labes und Freiherr Joachim Erdmann von Arnim, als ein Zweig der Familie von Arnim, in den Besitz des Gutes Zernikow. Das Interesse die Gutsanlage im Fredersdorffschen Sinne weiterzuführen war vorerst gering. Im 19. Jahrhundert gab es immer wieder Pächter, die zu einer sichtbaren Vernachlässigung beitrugen. Nach 1890 setzte sich in erster Linie Erwin von Arnim (Enkel des Dichters Achim von Arnim) für Zernikow und das Gut ein. Er legte Wiesen für die Viehhaltung an, forstete Böden auf, errichtete ein Sägewerk, erneuerte die Brennerei, gründete eine Dorfschule und steigerte die Erträge in der Landwirtschaft durch Anwendung moderner Methoden. Das Gutshaus wurde baulich um eine achte Achse erweitert. Ferner entstand eine Kutscherwohnung neben dem Inspektorenhaus. Diverse Stallungen und Werkstätten wurden errichtet. Nach dem Unfalltod des Erwin von Arnim übernahm 1928 sein Sohn Friedmund von Arnim das Gut. Auf seine Anregung hin sind das Sägewerk erweitert und eine Schmiede gebaut worden. Das Dorf und das Gut wurden nun mit Strom versorgt. Zu Friedmunds Zeiten hatte die Gutsanlage eine Ausdehnung von 1000 ha, bewirtschaftet von ca. 60 Beschäftigten. Unterstützung in seiner Arbeit erhielt er von seiner Ehefrau Clara von Arnim (geborene von Hagens). Sie heirateten 1930. Aus der Ehe gingen secs Kinder hervor. Mit dem Ende des II. Weltkrieges endete auch das Leben der Familie von Arnim auf dem Gut. Clara von Arnim ging mit ihren sechs Kindern nach Süddeutschland. Ihr Mann wurde in Zernikow als Junker denunziert, von der Roten Armee festgenommen und nach Tula (bei Moskau) in ein Lager verschleppt, wo er Anfang 1946 an Entkräftung starb.

Von 1945 – 1990

Die Familie von Arnim wurde mit der Machtübernahme der KPD im Zuge der Bodenreform enteignet. Das Land wurde unter Umsiedlern und landarme Bauern aufgeteilt. Das Gutshaus wurde kurzzeitig als Lazarett genutzt. Danach zogen Umsiedlerfamilien ins Obergeschoss. Im Erdgeschoß fanden das Gemeindebüro, ein Arztstützpunkt und die Gemeindebibliothek ihren Platz. Das Inspektorenhaus war zunächst Kommandantur, dann Dorfkonsum, später LPG-Küche mit Speisesaal. Die Verwaltung der LPG kam auch noch hinzu. In den Jahren 1946 – 48 sind das Speichergebäude neben dem Gutshaus und die Jungviehställe nahe der Brennerei abgerissen worden. Von 1952/53 an bis zur Wende 1989/90 wurde das Gut von der LPG verwaltet.

Ab 1990

Nach der politischen Wende verfielen die Gebäude weiter. Die letzten Mieter zogen 1993 aus. Viele Betriebe wurden abgewickelt, so auch die LPG Zernikow. Einen ersten Lichtblick bildete im Jahr 1992 die Gründung der „Initiative Zernikow“ e. V. , durch den ältesten Sohn von Friedmund und Clara von Arnim, Achim von Arnim (1931 – 1997). Laut seiner Satzung ist der Verein dem Umwelt-, Landschafts-und Denkmalschutz verpflichtet. 1994 kam es zur Eintragung der Gutsanlage Zernikow als Einzeldenkmal in das Denkmalverzeichnis mit dem Prädikat: „Große geschichtliche, städtebauliche und künstlerische Bedeutung“.

1995 erwirbt die AQUA Zehdenick GmbH die Gutsanlage in Erbbaupacht von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG). Seit 2003 sind die AQUA Zehdenick, das Amt Gransee und die Gemeinde Großwoltersdorf (Zernikow ist ein Ortsteil der Gemeinde) Eigentümer des Gutes. In enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt und dem Grundsicherungsamt gelang es, dem Gut durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und MAE-Projekte ein neues Profil zu geben. Mit Unterstützung der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“, der Gemeinde Großwoltersdorf und dem Amt Gransee konnten bis heute Teile des Gutshauses, des Schafstalles, des Rinderstalles sowie die Stellmacherei und das Inspektorenhaus saniert werden. Besonderen Dank gilt es, Wolf Hermann von Arnim, dem jüngsten Sohn von Friedmund und Clara von Arnim, auszusprechen. Mit seinen großzügigen Spenden unterstützt er die Restaurierungsarbeiten in und am Gutshaus. Ihm ist es zu verdanken, dass das Gutshaus den heutigen Sanierungsstand hat.

Es gibt ferner einen Gastronomiebereich mit Zimmervermietung. Seit 2011 kann eine in einem Stall eingerichtete Veranstaltungshalle für diverse Aktivitäten genutzt werden. Zum jährlichen Programm zählen das Ritterfest und das Maulbeerfest, weitere Feste sind in Planung. Einzelne Räume im Gutshaus, im Inspektorenhaus und in der Brennerei können für Ausstellungen, Vorträge, Lesungen und Konzerte genutzt werden.